Die Becherwette zu Pouch

Die Becherwette zu Pouch
oder
Das Wetttrinken des Ritters Hans von Pouch mit dem Teufel

Breitbeinig stand der Ritter Hans von Pouch auf den Zinnen seines Turmes. Er war schlecht gelaunt. Ihm fehlte ein Kumpan für das,  was er am liebsten tat, das Trinken. Als gewaltiger Trinker war der Ritter landesweit bekannt und jeder ging ihm ob seiner Trunkfestigkeit liebend gern aus dem Wege. Das wusste auch der Ritter, und seine Laune war dadurch nicht besser.

"Ist keiner da, der mit mir trinken will, so soll doch der Teufel kommen! Ich will ihm schon Bescheid tun!" schrie er und schaute herausfordernd in die Runde.

Kaum waren seine Worte verklungen, da hörte er den Hufschlag eines Pferdes. Dann schlug jemand donnernd an das Burgtor, das der Ritter um den Bestand der Torpfeiler fürchtete.

Bewaffnet mit einem Birkenknüppel rannte er zum Tor. Den Frechling wollte er züchtigen.

Draußen stand ein hoch gewachsener Mann im schwarzen Mantel, einen breitkrempigen Hut mit einer großen Hahnenfeder drauf auf dem Kopf und leuchtenden Augen. Auch hinkte er mit dem linken Bein, als er durch das Tor schritt. Der Ritter ließ den Knüppel sinken. "Das ist der Teufel", dachte er und erschrak. Doch schnell wurde er wieder der Alte. "Habe ich alle unter den Tisch getrunken, die gegen mich angetreten sind, dann werde ich auch noch den Teufel schaffen!" So waren seine Gedanken.

"Du riefst mich, Ritter?" Willst mir Bescheid tun? Wohlan!" sagte der Teufel mit einer Stimme, die eher aus einer Höhlung der Erde zu kommen schien, als aus dem Munde eines Menschen, und schob seinen Hut ins Genick. "Es gilt!" hielt Hans von Pouch dagegen.

Beide setzten sich an den Tisch und legten die Bedingungen für das Wetttrinken fest. Sollte der Ritter den Teufel vom Hocker unter den Tisch trinken, kann er ihm die Quaste seines Schweifes abschneiden. Der Teufel versicherte dem Ritter, die Quaste hätte die Kraft, leere Gläser wieder zu füllen, wenn mit ihr über den Tisch gestrichen wird. Der Teufel aber forderte im Falle seines Sieges die Seele des Ritters. Dann huben sie an zu trinken. Sie tranken aus gleichgroßen Gefäßen in der gleichen Zeit gleichgroße Mengen an Wein und Bier. Derjenige, der mit etwas anderem als seinen Füßen den Boden berührt, der hat den Wettstreit verloren. Sie tranken Tag und Nacht und den folgenden Tag und die folgende Nacht, und jeder versuchte, den anderen zu unbedachten Handlungen zu veranlassen.

"He, Ritter! Schau mal, was Dein Knappe mit Deiner Frau treibt!" sagte der Teufel und ließ den Ritter in eine Kristallkugel sehen, die er aus seinem Wams gezogen hatte. "Teufelswerk! sagte der. "Horch! Inder Hölle rumort es! Dort ist bestimmt ein Aufstand ausgebrochen. Du bist bereits abgesetzt. Du weißt es nur noch nicht!"

Als nach der zweiten durchzechten Nacht der Morgen anbrach, sah der Ritter den Teufel doppelt. Doch der schien noch fest auf seinem Hocker zu sitzen. Da wurde dem Ritter angst um seine Seele. Aber sein Knappe wusste wie so oft auch hier wieder Rat. Er ging in die Kirche, holte Wein, den der Pfarrer für die Abendmahlhandlung geweiht hatte und schenkte ihn den beiden ein.

Der Ritter trank und der geweihte Wein machte ihn wieder nüchtern. Auch der Teufel trank, doch der fiel betrunken vom Hocker. Schnell wollte er das Weite suchen. Der Ritter aber erwischte ihn noch am Ausgang und schnitt ihm die Quaste seines Schweifes ab. Fortan brauchte im Schloss Pouch niemand zu dürsten. Die Teufelsquaste sorgte allzeit für köstliche Getränke.

Wie durch ein Wunder ist die Schweifquaste des Teufels über die Jahrhunderte erhalten geblieben. Nur ihre teuflische Kraft hat sie verloren. in einer Vitrine in der zweiten Etage des Roten Turmes ist sie zu besichtigen. Und wer nicht glaubt, dass es die echte Quaste ist, die der Ritter Hans von Pouch vom Teufel ertrunken hat, etwa sagt, es sei eine Kuhschwanzquaste aus dem Jahre 1981, der hat nie nicht recht.
     

Die Sage führt in eine Zeit, in der unmäßiges Trinken als ehrenhaft galt, und der,  der viel Bier oder Wein vertrug, ohne betrunken zu werden, in hohem Ansehen stand.

Die Sage zeigt eine Form des Wetttrinkens, die damals weit verbreitet war. In Trinkbüchern des 16. und 17. Jahrhunderts sind die "Leistungen" der damaligen Zeit überliefert.

Sogar Ehrenhändel und bewaffnete Auseinandersetzungen wurden am Trinktisch entschieden. Aus diesen Zeiten stammt auch das geflügelte Wort vom ""unter den Tisch trinken"" Selbstverständlich gab es auch damals warnende Stimmen gegen das Saufen. Besonders die Pfarrer predigten gegen den Saufteufel.

Diese und auch die folgenden Sagen sind einem Ritter Hans von Pouch auf den Leib geschrieben, der ein großer Trinker ist und im Umgang mit dem Teufel hat, den er allerdings immer besiegt. Historisch ist ein Ritter Hans von Pouch für das Jahr 1220 nachgewiesen.

Die Entstehung der Sage ist aber für einen späteren Zeitraum wahrscheinlich und der Name Hans wird sich auf spätere Besitzer von Pouch beziehen, in deren Familien die Vornamen Hans, Johann und Johannes nicht selten sind. Die Familie von Pouch hat bereits um 1320 ihren Besitz in Pouch aufgegeben.

Dass der Teufel auch in dieser Sage durch die Kraft der Kirche besiegt wird, spiegelt die Denkweise der Erzähler der Sage aus ihrer Entstehungszeit wieder.   

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