In seiner Sitzung vom 19.10.2022 bestätigte der Gemeinderat die Vergabe der Trinkwasserkonzession in der Gemeinde Muldestausee für die Ortslagen Muldenstein, Friedersdorf, Mühlbeck, Pouch, Gossa, Schmerz, Schlaitz, Plodda und Krina an die MIDEWA Wasserversorgungsgesellschaft Mitteldeutschland mbH, und zwar mit Wirkung vom 01.01.2023 bis spätestens zum 31.12.2052.
Der finalen Entscheidung ging ein mehrjähriges Auswahl- und Bewertungsverfahren der unterschiedlichsten Möglichkeiten mit Einbindung der betroffenen Ortschaftsräte voraus. Anstatt die Aufgabe der Trinkwasserversorgung einer anderen Kommune oder einem Verband direkt zu übertragen oder eine Eigenversorgung zu erwägen, beauftragte der Gemeinderat Muldestausee Bürgermeister und Verwaltung zur Durchführung eines transparenten und diskriminierungsfreien Wettbewerbsverfahrens, welches schließlich über den Bundesanzeiger am 24.12.2021 bekanntgegeben wurde. Bereits davor hatte sich eine themenbezogene Arbeitsgruppe für das wettbewerbliche Verfahren ausgesprochen, um für den neuen Versorgungszeitraum bestmögliche Konditionen für die Gemeinde Muldestausee vertraglich auszuhandeln und einen leistungsfähigen Dienstleister für einen langfristigen Zeitraum zu binden.
Auf Grundlage der Ratsentscheidung unterzeichneten wir heute mit den beiden Geschäftsführern Uwe Störzner und Julien Malandain sowie Niederlassungsleiterin Catrin Janke, Niederlassung Muldenaue-Fläming, die durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC geprüften Verträge.
Grundsätzlich signalisierten nur zwei Bewerber ihr Interesse: der bisherige und künftige Trinkwasserversorger MIDEWA und die Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen. Beide Bieter wurden zur Abgabe indikativer Angebote aufgefordert, welche bezogen auf die gemeindlichen Forderungen nach einer sehr komplexen Bewertungsmatrix (Wasserversorgungskonzept, Netzbewirtschaftung, Löschwasserkonzept, Personalkonzept, Wasserqualität, preisgünstige Wasserversorgung, Umweltverträglichkeit, Verbraucherfreundlichkeit, Konzessionsabgabe, Kommunalrabatt, Baumaßnahmen, Kosten, Endschaftsregelungen, Investitionsverpflichtungen etc.) vergleichend bewertet wurden.
In Bietergesprächen konnten die Bieter sich und ihre Angebote vorstellen und Rückfragen erfolgen. In einem zweiten Bewertungsschritt waren in der Folge bis zum 16.09.2022 verbindliche Angebote mit klaren vertraglichen Zusagen einzureichen, wobei nur die MIDEWA ein solches verbindliches Angebot abgab. Die Stadtwerke Bitterfeld-Wolfen erklärten gem. Schreiben vom 06.09.2022 vor dem Hintergrund sich rasant ändernder Marktbedingungen kein verbindliches Angebot abzugeben.
Mit dem sehr kommunalfreundlichen Konzessionsvertrag und den vielfältigen vertraglichen Zusagen können wir mit Fug und Recht feststellen, dass nicht nur eine stabile und nachhaltige Wasserversorgung für unsere Gemeinde dauerhaft gesichert ist, sondern wir im Ergebnis sehr starke Rechte für unsere Bürgerinnen und Bürger vereinbaren konnten.
Konkrete Zusagen und Pflichten sind beispielsweise:
- keine Erhöhung des Trinkwasserpreis im Jahr 2023,
- Preisdeckel mit Verpflichtung, den Trinkwasserpreis innerhalb der ersten 5 Jahre möglichst nicht, in jedem Fall nicht mehr als insgesamt maximal 12 % zu erhöhen (Mengen- und Grundpreis sowie in Bezug auf Grundbetrag für Beispielhausanschluss),
- Störfallbeseitigungskonzept mit direkter telefonischer Erreichbarkeit im Falle von Störungen 24/7 365 Tage im Jahr unter 03493/302111,
- Reaktionszeiten bei Störungen (Zeitraum Eingang Störmeldung bis Eintreffen am Störungsort von 13 Minuten innerhalb und 20 Minuten außerhalb der werktäglichen Arbeitszeit),
- verbraucherfreundlicher Netzbetrieb mit Kundenservice über Kundencenter (Montag, Mittwoch, Donnerstag von 08:00 bis 16:00 Uhr, Dienstag von 08:00 bis 18:00 Uhr, Freitag von 08:00 bis 14:00 Uhr), Leistungsverpflichtungen zur Bearbeitung (z.B. Vor-Ort-Termin innerhalb von 7 Kalendertagen, Antwort auf Beschwerde innerhalb 3 Kalendertage,
- Ergänzung des Kundenservice ab 2023 im ländlichen Raum durch mobilen Kundenservice in den Ortschaften nach Abstimmung mit Gemeinde,
- Zahlung der gesetzlich höchstzulässigen Konzessionsabgabe und Gewährung des maximal zulässigen Kommunalrabatts an Verbrauchsstellen der Gemeinde,
- unentgeltliche Wasserlieferungen an die Gemeinde für die öffentliche Straßenreinigung, Trinkwasserbrunnen im Rahmen des gesetzlich zulässigen Rahmens,
- unentgeltliche Bereitstellung von Löschwasser über das Wasserversorgungsnetz für Feuerlösch- und Übungszwecke sowie Online-Hydrantenauskunft für Freiwillige Feuerwehr mit Zugang zu allen Hydrantendaten über Geoinformationssystem,
- Verringerung der Wasserhärte
o Zusicherung, dass die derzeitige Wasserhärte stabil bleibt und nicht steigen wird,
o Unterstützung zur Reaktivierung des Wasserwerkes Sachau durch die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz GmbH mit neuer Trinkwasseraufbereitungsanlage, um mittelfristig bis langfristig geringere Wasserhärte zu erzielen,
- Beibehalten der Speicherung im Hochbehälter Muldenstein zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und Absicherung von Verbrauchsspitzen,
- Not- und Ersatzversorgung über Hochbehälter, mobile Wasserwagen, handliche 5-Liter-Trinkwasserpacks, 10m³-Tankwagen mit mobiler Druckerhöhungsanlage und Desinfektion, um direkt in Hausinstallation von Krankenhäusern oder anderen sensiblen Kunden einspeisen zu können sowie ortsunabhängig Notwasserzisternen (100 m³, 4 m³, 3 m³
- Ausbau zusätzlicher Redunanzen durch Investitionen in Netzausbau und Erweiterung, wie z.B.:
o Verbindungsleitung Roßdorfer Straße,
o zusätzliche Versorgungsleitung Muldenstein – Friedersdorf,
o Versorgungsleitungen Jeßnitzer Straße, Golpaer Straße bzw. Muldensteiner Straße, Kraftwerksstraße und Fichtenbergsiedlung, Berliner Straße, Chausseestraße, Am Dorfteich Gossa, Freiheitsstraße,
o sukzessiver Neubau einer 2. Hauptleitung durch die Ortslagen Friedersdorf-Mühlbeck-Pouch, um steigenden Wasserbedarf und Erhöhung der Versorgungssicherheit gerecht zu werden, hierfür im Rahmen der gemeindlichen Entwicklung Schaffung weiterer Einspeisepunkte in den Ortsnetzen und Ausbau der Ringnetze,
o Kapazitätserweiterung Druckerhöhungsstation Pouch und Errichtung eines Trinkwasserbehälter vor der Druckerhöhungsanlage, um saisonale Schwankungen abfedern zu können,
- höchste Priorität bei Planung investiver Maßnahmen neben der Schadenhäufigkeit Leitungen mit anfälligen Materialien (Stahlleitungen und Leistungen aus Asbestzement),
- Erbringen eines Großteils von Erneuerungen durch Eigenleistungen mit deutlichem Kostenvorteil gegenüber üblichen Marktpreisen,
- Verpflichtung zur umfassenden Tragung von Folgekosten,
- Verpflichtung zur umweltverträglichen Wasserversorgung mittels Schonung von Bäumen und Pflanzen bei Errichtung und Betrieb von Anlagen…
Bereits dieser Ausschnitt der vielfältigen Verpflichtungen für den Konzessionspartner belegt, dass wir in den kommenden Jahren deutliche Qualitätssteigerungen erreichen werden. Über die Umsetzung, insbesondere die investiven Planungen, welche wiederum mit weiteren Partnern wie dem Stromversorger oder den Abwasserzweckverbänden zu harmonisieren sind. Hierzu informieren wir zu gegebener Zeit sowie über die Neuausrichtung der MIDEWA ab 2023 insgesamt.
Für heute freuen wir uns zunächst, dass wir die bereits gute Zusammenarbeit fortsetzen und im Interesse unserer Bürgerinnen und Bürger noch weiter verbessern werden. Mit der Sicherheit einer langfristigen Vertragsbeziehung können wir uns nun mit aller Kraft den noch nicht optimal ausgebauten Bereichen widmen. Darüber hinaus wohnen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MIDEWA auch in unsere Gemeinde, deren Arbeitsplätze weiter gesichert bleiben. Unter den Gewerbesteuerzahlern rangiert die MIDEWA in der Gemeinde stets auf den ersten Plätzen und da wir selbst Gesellschafter der MIDEWA sind, können wir auch hierüber auf die künftige Ausrichtung der Gesellschaft Einfluss nehmen. Die MIDEWA bezieht ihre Wasserlieferungen über die Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH. Auch hier ist die Gemeinde Gesellschafter und hat sich mit allen Kleinanteilseignern zu einem Verein zusammengeschlossen, um die Interessen der ländlichen Kommunen noch wirksamer einbringen zu können.
Vielen Dank allen Beteiligten für ihr konstruktives Mitwirken an diesem für eine kleine Gemeinde wie unsere sehr komplexen und herausfordernden Vergabeverfahren. Besonders Uwe Störzner für seinen persönlichen Einsatz und sein Engagement in der bisherigen Zusammenarbeit an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. Selbstverständlich stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der MIDEWA.
Ferid Giebler
Bürgermeister