Bereits mit der Entscheidung vom 20.08.2018 liegt gem. Entscheidung des Landesverwaltungsamtes auf Antrag der Landesstraßenbaubehörde (LSBB), Regionalbereich Ost, das Baurecht für den Bau einer Brücke samt Anbindungsbereich über die Mulde bei Pouch im Zuge der B 100 als Ersatz für das bestehende Bauwerk vor. Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung im Zeitraum vom 19.09. bis 02.10.2018 sowie in der Mitteldeutschen Zeitung am 15.09.2018 wurde abschließend über das Vorhaben informiert.
Derzeit wird die Mulde von einem ca. 460 Meter langen Brückenbauwerk (Baujahr 1975) überspannt, welches wegen Alkali-Kieselsäure-Reaktionen(AKR), insbesondere an den Unterbauten und Pfeilerköpfen, stark geschädigt ist. Weil diese Schäden die Dauerhaftigkeit des Bauwerkes stark beeinträchtigen, ist der Ersatzneubau alternativlos. Die Geh-/Radwegbrücke wurde erste 1996 nachträglich an den bestehenden Überbau als Stahlträgerkonstruktion angehängt.
Das erstreckt sich auf einer Länge von 0,960 Kilometern der B 100. Für die Querung der Mulde wird das Bauwerk Nr. 0054 als Ersatzneubau im Zuge der B 100 mit einer Gesamtlänge von 456,0 m erforderlich. Für die neue südlich vom Bestandsbauwerk gelegene Brücke zur Muldequerung ist eine schlanke über neun Felder durchlaufende und mit dem y-förmigen Uferpfeilern monolithisch verbundene Stahlverbundkonstruktion vorgesehen.
Die Mulde wird hierbei mit einem 84 m großen Hauptfeld frei überspannt. Der geplante Ausbau der B 100 beginnt ca. 80 m vor dem neuen Brückenwiderlager an der Einmündung der Stauseestraße in der Ortslage Pouch. Das Ausbauende liegt ca. 325 m hinter dem neuen Widerlager. Die einmündenden Straßen werden an die neue Lage angepasst und entsprechend ausgebaut. Für die Bundesstraße sind auf der Brücke zwei 4,0 m breite Fahrstreifen vorgesehen. Auf der Nordseite sind ein 2,5 m breiter Geh- und Radweg und auf der Südseite ein 0,80 m breiter Notweg geplant. Nach dem Neubau wird die alte Brücke zurückgebaut.
Der gesamte Straßenzug der B 100 verläuft als Hauptachse im Südosten von Sachsen-Anhalt und verbindet das Oberzentrum Halle mit dem Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums Bitterfeld-Wolfen und dem Mittelzentrum mit Teilfunktion eines Oberzentrums Lutherstadt Wittenberg. Südwestlich von Bitterfeld-Wolfen bindet die B 100 an die Bundesautobahn 9. Es ist die Hauptschlagader, welche durch die Gemeinde Muldestausee führt und über die alle Orte verbunden werden.
Der geplante Ersatzneubau erfordert Vollsperrungen und verkehrsraumeinschränkende Maßnahmen in großem Umfang. Gem. der Anforderungen aus dem Planfeststellungsbeschluss sind die Beeinträchtigungen für öffentlichen Verkehr zu prüfen und zu minimieren. Auf dieser Grundlage wurde die Entwurfsplanung erstellt. Für die konkrete Bauphase muss die LSBB nunmehr abschließend zwischen zwei Umsetzungsvarianten entscheiden.
Variante 1:
Weil sich dich Linienführung des künftigen Bauwerkes durch die örtlichen Gegebenheiten mit dem Bestandsbauwerk auf der Poucher Seite überschneiden wird, sind komplizierte „Zwischenbauzustände“ herzustellen. Die möglichen Eingriffe im Widerlagerbereich auf der Poucher Seite sind maßgeblich von der Standsicherheit und der Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit bestimmt.
Wegen der zusätzlich erforderlichen Leitungsverlegungen und der Herstellung der Straßenanbindungen wären daher aufsummiert ca. 9 Monate Vollsperrung sowie mehrere kurzzeitige Vollsperrungen erforderlich, was sich in Teilabschnitten auf bis zu 24 Monate Vollsperrungshöchstdauer aufsummieren könnte. Mindestens 9 Mal wäre der Umbau der Verkehrsführung erforderlich. Durch den häufigen Umbau wären die permanente Veränderung der Umleitungsbeschilderung und entsprechend häufige Eingriffe in die Lenkung/Umplanung des ÖPNV erforderlich.
Variante 2:
Die neue Brücke wird beginnend auf der Gossaer Seite beginnend ab April 2024 bis August 2025 nach Pouch herangeführt, während die Bestandsbrücke weiter befahrbar bleibt und so lange wie möglich für den Verkehr freigegeben wird. Mit dem Beginn der Bauarbeiten am Wiederlager auf der Poucher Seite wird die Brücke durchgängig für 15 Monate gesperrt, um die notwendigen Anschlussarbeiten in einem Zuge zu erledigen. In dieser Variante werden voraussichtlich nur 2 Verkehrsführungssituation geplant und umgebaut.
Nachdem die Träger öffentlicher Belange zur geplanten Maßnahme im vergangenen Jahr angehört wurden und die Landesstraßenbaubehörde nunmehr diese zweite Variante mit einer durchgängigen Vollsperrung favorisiert, teilten wir der LSBB unsere Bewertung der Gemeinde Muldestausee mit.
Rein sachlich sind die aufgezeigten Herausforderungen zum Bauablauf grundsätzlich nachvollziehbar. Eine geplante Vollsperrung über einen Zeitraum von 15 Monaten bedeutet jedoch eine erhebliche Belastung für unsere Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, landwirtschaftlichen Betriebe bis hin zu Rettungskräften und Pflegediensten. Sie ist zudem deutlich länger als ursprünglich gedacht. Unsere Gemeinde wird in diesem Zeitraum räumlich quasi zweigeteilt, ohne auf die Teilung in den Köpfen und die zahlreichen Pendelbeziehungen unserer Bürgerinnen und Bürger von ihren Wohnorten zu ihren Arbeitsstätten sowie die Mehrbelastungen im Zuge der Umleitungsstrecken näher einzugehen.
Wie bereits in den Abstimmungsterminen durch uns aufgezeigt, trifft es den Schülerverkehr besonders hart, da hier von einer erheblichen Steigerung der Fahrzeiten zu rechnen ist. Es betrifft neben den Grundschülern ebenso die Erreichbarkeit der Gemeinschaftsschule in Muldenstein und, noch gravierender, die Erreichbarkeit des Gymnasiums in Bitterfeld-Wolfen.
Daher forderten wir die LSBB auf, die Möglichkeit einer Behelfsbrücke für den Fußgänger- und Radverkehr konkret zu prüfen. Eine erste pauschale Ablehnung ohne Nennung rechtlicher Grundlagen oder sachlicher Gegenargumente, welche die Errichtung und den Betrieb einer Fußgängerbrücke unmöglich machen, akzeptieren wir nicht. Eine Befehlsbrücke für Kraftfahrzeuge ist gem. Planfeststellungsbeschluss nicht möglich. Eine Behelfsbrücke für Radfahrer und Fußgänger würde jedoch eine wesentliche Entlastung für viele Menschen in der sehr anstrengenden Bauzeit bieten und könnte unabhängig von der eigentlichen Baustelle betrieben werden. Die im Gespräch aufgezeigten Problemstellungen einer sicheren Überquerung durch die Grundschüler, haben wir diskutiert und eine Lösung ist hier die Begleitung durch Erzieher, Lehrkräfte oder Vereine zu den jeweiligen Abfahrts- und Ankunftszeiten. Diese Möglichkeit mit einer nur geringen Beeinträchtigung für Natur und Umwelt sollte tiefgründig geprüft und in Erwägung gezogen werden. Zumal über die Brücke auch der überregionale Mulderadweg führt.
Temporäre Bushaltestellen könnten auf beiden Seiten der Mulde eingerichtet und die Fahrzeit des ÖPNV auf diesem Wege deutlich reduziert sowie die Belastung für die Schülerinnen und Schüler minimiert werden. Dies sind ablauforganisatorische Dinge, welche wir seitens der Gemeinde und nach hiesiger Bewertung in enger Abstimmung mit den Verkehrsbetrieben regeln könnten. Radfahrer und Fußgänger, ob nun touristisch oder im Rahmen des Alltagsverkehrs, könnten über die Behelfsbrücke deutlich abkürzen. Vielleicht würde es einigen sogar den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad in erleichtern.
Alternativ wären Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, das Altbauwerk für Radfahrer und Fußgänger so lange wie möglich, d.h. über die Vollsperrung für den motorisierten Verkehr hinaus, offen und begehbar zu halten. Auch in diesem Fall könnte mit begleitetem „Stationsbetrieb“ der Bushaltestellen auf beiden Seiten eine deutliche Verkürzung der Fahrzeiten für die Schülerinnen und Schüler organisiert werden. Wir sind überzeugt, dass dies, wie bereits mehrfach durch uns aufgezeigt, zu einer deutlich höheren Akzeptanz der unvermeidbaren Beeinträchtigungen wegen des Brückenbaus in der Bürgerschaft bewirken könnte.
Weiterer Schwerpunkt hinsichtlich einer Verbesserung des Schülerverkehrs ist die Querung der Bundesstraße am Knotenpunkt B 100 / L 139 im OT Pouch. Hier wurde uns bereits im Jahr 2017 abschließend mitgeteilt, dass ein Umbau nur im Zusammenhang mit dem Neubau der Brücke erfolgen kann und bis dahin aufgrund fehlender Voraussetzungen (zu wenige Straßenseitenwechsel durch Fußgänger, zu „wenige“ Fahrzeuge etc.) nicht erfolgen wird. Wie viele Eltern und Anwohner auch, fordern wir eine sichere Gestaltung dieses unübersichtlichen Verkehrsweges.
Aufgrund der langen Kurvensituation, des Abzweigs der L139 Richtung Löbnitz, der Bushaltestelle in diesem Kurvenbereich und der Einfahrten aus dem Schiffmühlenweg sowie der Triftstraße besteht bei stärkerem Verkehrsaufkommen und haltenden Bussen eine sehr große Unübersichtlichkeit. Fußgänger und Radfahrer müssen sich auf Verkehrsteilnehmer aus allen Richtungen einstellen und ggf. angemessen darauf reagieren. Besonders in der dunklen Jahreszeit führt dies nach unserer Bewertung zu einer zusätzlichen Gefährdung für Fußgänger und Radfahrer. Erschwerend kommen die häufig hohen (teils überhöhten) Geschwindigkeiten der Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer hinzu, wogegen die Gemeinde, mangels rechtlicher Befugnisse für die Überwachung des fließenden Verkehrs, jedoch keine Handhabe hat. Daher war die einzige bisher mögliche Maßnahme zur Verbesserung der Situation vor Ort die stärkere Ausleuchtung des Bushaltestellenbereiches und der Einmündung des Schiffmühlenweges.
Eine alternative Lösung könnte aus unserer Sicht, die Errichtung von Querungshilfen darstellen. Dadurch könnten sich Fußgänger, insbesondere Kinder, vor Betreten der Verkehrsfläche auf die Prüfung jeweils nur einer Fahrtrichtung konzentrieren.
Die von uns eingereichte Stellungnahme befindet sich bei der LSBB in Prüfung. Wir hoffen auf zeitnahe Ergebnisse und die umfassende Information der Öffentlichkeit und Träger öffentlicher Belange durch den Bauherrn. Schließlich sind vorab die geplanten Umleitungsstrecken zu ertüchtigen, die Abläufe im ÖPNV langfristig vorab zu organisieren sowie diverse Auflagen aus dem Planfeststellungsbeschluss (Schutz der
Bei der Wichtigkeit dieser Vollsperrung in unserer Gemeinde, erachten wir eine frühzeitige und regelmäßige Information über das Bauvorhaben und seine Folgewirkungen als besonders wichtig. Festlegungen zu Naturschutzmaßnahmen sowie Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen sind im Planfeststellungsbeschluss geregelt und können nur vom Bauherren beantwortet werden, weshalb weitergehende Anfragen an die Landesstraßenbaubehörde zu richten sind.
Ferid Giebler
Bürgermeister
Bildquelle Brücke: Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr – Dokumentation des Planungswettbewerbes (März 2011)
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