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Sachstand: Kommunale Wärmeplanung Gemeinde Muldestausee (Oktober 2022)

Wäremversorgungskonzept Gemeinde Muldestausee mit kommunaler Kreislaufwirtschaft

Im Januar 2021 unterstützte der Gemeinderat Muldestausee zwei für die kommunale Wärmeplanung der Gemeinde Muldestausee wesentliche Beschlussvorschläge. In Anbetracht der damals bereits absehbaren Herausforderungen, welche in diesem Jahr lediglich stark dynamisiert wurden, bekannte sich die Gemeinde erstens zur Fortschreibung des Integrierten Gemeindeentwicklungskonzepts für den Bereich Wärmeplanung und zur Förderung:

- des Ausbaus „Grüner Energie“ (Maximierung der Nutzung regenerativer Energien, insbesondere in allen kommunalen Liegenschaften/Objekten),
- der lokalen/regionalen Kreislaufwirtschaft (Steigerung des effizienten Einsatzes langfristig verfügbarer Ressourcen und stofflicher Verwertung i.V.m. der signifikanten Reduzierung von Verbräuchen und bestmöglicher Land-, Gewässer- und Anlagennutzung) sowie der hierfür erforderlichen interkommunalen, interregionalen sowie öffentlich-privaten Zusammenarbeit,
- der Vermeidung und Minimierung von Emissionen (Reduzierung von Emissionen aus Verkehr, Industrie, Land- und Forstwirtschaft, energetische Sanierung, Energiemanagement),

Hierfür setzte die Gemeinde den Impuls zur Bildung eines geförderten Energieeffizienznetzwerkes mit weiteren Kommunen und der Energieavantgarde Anhalt e.V. „Nachhaltigkeit und CO²-senkende Technologien in der Nah- und Fernwärmeversorgung“, welches gemeinsam mit den Städten und Gemeinden Stadtverwaltung Aken/Elbe, Petersberg, Sachsen-Anhalt, Germany Stadt Zörbig, Stadt Sandersdorf-Brehna, Landsberg, Südliches-Anhalt und Muldestausee (Osternienburger Land, Oranienbaum-Wörlitz in Prüfung) ab Januar 2023 seine Arbeit aufnehmen soll (Vorliegen eines Förderbescheides vorausgesetzt). Vielen Dank den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Stadt- und Gemeinderäten dieser Kommunen für die offenen Ohren und Ihre Mitwirkungsbereitschaft. Es war ein langer und kräftezehrender Findungsprozess 😊.

Der zweite Beschluss zielte darauf ab, eine Potenzialstudie zu beauftragen (95% Förderung), um die tatsächlichen Potenziale der weiteren Nutzung der erneuerbaren Energieerzeugung (Solarthermie, Geothermie, Seethermie, Abwärme, Wärme aus biogenen Abfallstoffen) insgesamt sowie unter anderem am konkreten Beispiel „Bioenergiedorf Neu-Muldenstein“ zu untersuchen. Die Erarbeitung erstreckte sich von Oktober 2021 bis August 2022 unter Einbeziehung zahlreicher relevanter Akteure.

Im September legte unsere Gemeinde ein kommunales Nahwärmekonzept für die ersten 5 möglichen Nahwärmenetze für die Orte Muldenstein, Schlaitz, Gossa und Schmerz sowie Plodda und Krina vor. Um die Unabhängigkeit von fossilem Gas und Erdöl zu forcieren, ist es unser Ziel, alle verfügbaren Potenziale innerhalb der Gemeinde sowie in als auch mit Nachbarkommunen nutzbar zu machen. Hierfür gilt es alle Wärmeerzeugeroptionen sowie Synergieeffekte zu prüfen, anstatt nur auf einzelne Energieträger wie Gas oder Holz zu setzen. Darüber hinaus müssen Wege gefunden werden, den möglichen Nahwärmenetzausbau zugleich (sofern möglich) mit dem Ausbau eines Glasfasernetzes oder weiteren Erschließungsmedien zu verbinden und den rechtlichen Rahmen zu setzen, dass Erträge aus der Wärmelieferung in der Gemeinde verbleiben. Das Geld der Gemeinde soll künftig auch in der Gemeinde verbleiben können.

Nahwärmeprojekte und -netze können sehr unterschiedlich ausgestaltet werden, wobei für die Effizienz dieser Netze neben den Rohrsystemen und der Übergabetechnik eine intelligente Steuerung maßgeblich ist. Neben den hohen Investitionskosten ist eine der größten Herausforderungen der wirtschaftliche und preisstabile Betrieb über einen langen Zeitraum. Deshalb muss vor Umsetzung und Betrieb zunächst ein sinniges Konzept vorliegen, was bislang nicht der Fall war.

Auf etwaige Schreiben der sogenannten Überlandwerke Muldestausee (ÜMU) gehe ich nur kurz ein. Die ÜMU ist eine private Gesellschaft ohne Beteiligung der Gemeinde, daher auch nur ein Akteur von vielen. Der Ausbau von Gasnetzen in der Heide ist nicht das Ziel der Gemeinde, da bereits im Rahmen der Erarbeitung des Integrierten Gemeindeentwicklungskonzeptes in den Jahren 2017 bis 2018 in der Trägerbeteiligung die Gasversorger keinen wirtschaftlich tragfähigen Ausbau von Gasnetzen in den nicht mit Gas versorgten Orten attestierten. Vielmehr ist es das Ziel der Gemeinde, sich vollständig von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen und den Energieträger Gas „zu überspringen“.

Eine Konzessionsvergabe für neue Gasnetze wurde daher durch die Gemeinde nicht forciert, da außer allgemeinen Aussagen kein zweckmäßiges Konzept wirtschaftliches Konzept vorlag, der rechtliche Rahmen sich sehr komplex gestaltet und die lokalen sowie regionalen Erzeuger (z.B. die drei Biogasanlagen innerhalb der Gemeinde) keine Berücksichtigung fanden. Die Anforderungen an Energieerzeugungsanlagen werden stetig komplexer und besonders bei neuen Technologien (Integration von Photovoltaik, Wärmepumpen, Einbindung Blockheizkraftwerke etc.) sind vielfältige Regelungen zu beachten. Weitere Hemmnisse sind lange Vertragsbindungen, das öffentliche Vergaberecht und die Komplexität von Verträgen. Schließlich zielen wir auch auf möglichst langfristig stabile Preise ab.

Schwerpunkt für die Gemeinde im vergangenen Jahr war zunächst die rechtssichere Durchführung des Konzessionsverfahrens für die Trinkwasserversorgung der Gemeinde Muldestausee ab Januar 2023 unter Zuhilfenahme einer leistungsfähigen Rechts- und Wirtschafsprüfungsgesellschaft. Dieses Verfahren kann im Gemeinderat am 19.10.2022 fristgerecht abgeschlossen werden. Parallel wurden die Grundlagen unserer Wärmeplanung erarbeitet. Für den ersten Schritt beauftragten wir den e7-Ingenieurverbund für Energieeffizienznetzwerk-Projekte aus Leipzig mit mehr als 30 Ingenieuren unterschiedlicher Fachrichtungen und weiteren Projektpartnern zur Erarbeitung der Potenzialstudie. In diesem Rahmen wurden die eingangs erwähnten insgesamt 5 kommunale Nahwärmenetze für die Orte Muldenstein, Schlaitz, Gossa, Schmerz, Plodda und Krina entwickelt.

Dabei wurden die Potenziale der Abwärme aus den vorhandenen Biogasanlagen, der Betrieb einer sogenannten Pyrolyseanlage in Krina, die Verwendung von kommunalem und privatem Grünschnitt, Reststoffen aus der Landwirtschaft, die Nutzung von Umweltwärme (Geothermie und Seethermie) betrachtet und die Ergänzung durch aktive Wärmeerzeuger mit Solarthermieanlagen, Spitzenlastkesselanlagen mit Holzhackschnitzeln als Energieträger berücksichtigt.

Im Ergebnis liegen uns nunmehr technische Konzepte und Kostenschätzungen für die Umsetzung solcher Netze und ihrer technischen Anlagen vor. Beispielsweise für den Ort Krina in folgender Anlagenkonfiguration:

Planung und Errichtung eines kommunalen Wärmenetzes mit 80/60°C,
- Versorgung des Netzes mit Abwärme mind. 90° C aus Pyrolyse-Anlage inkl. ORC-Prozess (d.h. Stromproduktion),
- Spitzenlastabdeckung und bei Ausfallzeit der Pyrolyse-Anlage (Wartungsintervalle) über Holzhackschnitzel-Kesselanlage (ggf. in Kaskadenschaltung),
- Gebäudeanschlüsse mit Wärmeübergabestationen,
alternativ, Variante ohne Pyrolyse-Anlage mit Solarthermie-Anlage
- Wärmenetz mit Nutzung Solarthermie-Freiflächenanlage (solare Anlage mit Kollektorfläche von ca. 1.600 m²) und Nutzung eines Erdsonden-Wärmespeichers zur saisonalen Speicherung der Solarwärme in Verbindung mit einer zentralen oder dezentralen Wärmepumpe und einem wechselwarmen Wärmenetz,
- Redundanz: Holzhacksschnitzel-Kesselanlage für Spitzenlastabdeckung.

Die Ergebnisse in Anbetracht der in unserer Gemeinde vorhandenen Potenziale und Anlagensimulationen belegen, dass erstens eine vollständige Wärmeversorgung ohne Rückgriff auf fossile Energieträger möglich und diese wirtschaftlich darstellbar ist. Je nach Ortslage und Netzkonfiguration könnte mit dem kommunalen Wärmenetz beim Endkunden ein Wärmepreis inkl. Gewinn zwischen 4,5 Cent/kWh (Plodda) bis 11,9 Cent/kWh (Schlaitz) erreicht werden.

Mit den erzielten Ergebnissen beginnt nun allerdings erst richtig die Arbeit für uns, um die vorgeschlagenen Maßnahmen umzusetzen. Hierfür ist zunächst eine erneute Beteiligung aller bereits „aktivierten“ Akteure (siehe Grafik) notwendig, damit die Umsetzung auch von allen Beteiligten mitgetragen wird und wir in der Gemeinde mittel- bis langfristig profitieren anstatt Konzerne aus anderen Bundesländern. In der Zeit bis zum Jahresende werden wir daher die Möglichkeiten für Planung, Bau und Betrieb der Netze prüfen und uns vergleichbare Praxisbeispiele anschauen. Neben den Investitionsanstrengungen sind vor allem die gesellschaftsrechtlichen Konstellationen zu prüfen (Energiegenossenschaft, kommunale Netzgesellschaft, Konzessionsvergabe, langfristige Liefergarantieren der örtlichen Energielieferanten) und zu bewerten. Hierfür brauchen wir fachliche und rechtliche Begleitung.

Der Wärmenetzausbau bedarf der Koordination einer Vielzahl von Entscheidungsträger/innen und Institutionen, den wir als kontinuierlichen Prozess verstehen. Außerdem brauchen unsere Bürgerinnen und Bürger als Gebäudeeigentümer/innen bald solide Informationen, ob sie zukünftig an ihrem Wohnort mit einem Wärmenetz rechnen können oder nicht. Daher sind auch die Potenziale der restlichen Orte der Gemeinde Muldestausee noch zu analysieren. Für diesen Strauß an Aufgaben, der nicht im Grundbetrieb einfach mal nebenher leistbar ist, beabsichtigen wir ab Anfang 2023 eine/n Klimaschutzmanager/in (100 % geförderte Projektstelle) einzustellen. Diese/r soll nicht nur die Gemeinde und Institutionen beraten und begleiten, sondern auch die wichtige Schlüsselrolle zwischen uns und den Bürgerinnen und Bürgern einnehmen.

Ab Anfang 2023 möchten wir auf Grundlage sämtlicher Ergebnisse Informationsveranstaltungen in den Ortschaften durchführen, um über die konkreten Umsetzungsschritte, mögliche Zeitlinien und die Beteiligungsmöglichkeiten unserer Bürgerinnen und Bürger zu berichten sowie für die aktive Mitwirkung zu werben.

Vielen Dank allen Beteiligten, die nunmehr seit bereits eineinhalb Jahren an der kommunalen Wärmewende in unserer Gemeinde Muldestausee mitarbeiten.

Vielen Dank zudem für Ihr Verständnis, dass wir trotz der aktuell unsicheren und für viele Menschen Besorgnis erregenden Zeiten trotzdem noch etwas Zeit brauchen, um Ihnen gegenüber belastbare Aussagen treffen zu können.

Ihr Bürgermeister
Ferid Giebler

Potenzialstudie für die Abwärmenutzung für Wohn- und Gewerbegebiete in Verbindung mit Wärmenetzen in der Gemeinde Muldestausee
Gefördert vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestagen im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative.
Gesamtausgaben: 191.459,00 EURO
Projektförderung: 181.886,00 EURO
Fördersatz: 95 %
Nationale Klimaschutzinitiative:
Mit der nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen. http://www.ptj.de/klimaschutzinitiative-kommunen

 

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