Der internationale Tag der Gehörlosen findet jedes Jahr jeweils am letzten Sonntag im September statt. Der internationale Tag der Gehörlosen wurde im Jahr 1951 von dem Weltverband der Gehörlosen (WFD) eingeführt und wird seit Mitte der 1970er Jahre auch in Deutschland begangen. Viele Gehörlosen-Verbände nehmen den internationalen Tag der Gehörlosen zum Anlass, um auf die Situation der bundesweit ca. 80.000 gehörlosen Menschen aufmerksam zu machen und für die Gebärdensprache zu werben.
Was bedeutet Gehörlosigkeit?
Der Ausdruck gehörlos entstand im deutschen Sprachraum nach der Einführung der allgemeinen Schulbildung für taube Kinder im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts.
Die Bezeichnung taubstumm wird von gehörlosen Personen als diskriminierend empfunden. Sie können durchaus kommunizieren, sei es in Gebärdensprache, sei es in Lautsprache (Lippenlesen). Daher wollen nicht hörende Menschen im Deutschen gerne auch lediglich als gehörlos bezeichnet werden.
Gebärdensprache oder Lippenlesen?
Jahrhundertelang hatten Gehörlose in der Gesellschaft einen äußerst schweren Stand. Da sie sich kaum mit hörenden Menschen verständigen konnten, galten sie gemeinhin als geistig zurückgeblieben.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts rief der Pariser Geistliche Abbé Charles Michel de L’Epée die erste Gehörlosenschule ins Leben. Er gilt als geistiger Vater der Gebärdensprache.
Etwa zur gleichen Zeit gründete Samuel Heinicke in Leipzig das "Chursächsische Institut für Stumme und andere mit Sprachgebrechen behaftete Personen" in Deutschland. Hier sollten Gehörlose das Sprechen und Lippenlesen lernen.
Viele Eltern gehörloser Kinder entscheiden sich dafür, ihre Kinder "zweisprachig" zu erziehen, also dafür zu sorgen, dass sie möglichst sowohl Gebärden als auch Sprechen beziehungsweise Lippenlesen lernen.
Schwierige Verständigung
Die Kommunikation unter Gehörlosen mittels Gebärdensprache stellt kein Problem dar. Aber die Unterhaltung mit Hörenden ist in der Regel anstrengend – für beide Seiten. Einige Gehörlose können zwar verständlich sprechen.
Schwierig ist die Verständigung zwischen Hörenden und Gehörlosen. Selbst wenn die Gehörlosen gut von den Lippen ablesen können, müssen sie sich den Großteil des Gesprochenen zusammenreimen.
Kaum mehr als 30 Prozent des Gesagten lässt sich eindeutig erfassen. Viele Wörter sind sich einfach zu ähnlich, um sie an der Bewegung des Mundes unterscheiden zu können – zum Beispiel "Mutter" und "Butter" oder "aus" und "Haus". Zu einer stressfreien Verständigung zwischen Gehörlosen und Hörenden tragen Gebärdendolmetscher bei.*
Gehörlose und Grad der Behinderung
Der Grad der Behinderung ergibt sich aus entsprechenden Tabellen zur Bewertung des Hörverlustes sowie aus weiteren Kriterien, wie beispielsweise in welchem Alter die Hörschädigung aufgetreten ist, inwieweit die Sprachentwicklung beeinträchtigt ist, die Möglichkeiten der Hörgeräte-Versorgung, seelische Belastungen u.s.w. Er wird im Schwerbehinderten-Ausweis vermerkt. Zusätzlich werden noch bestimmte Merkzeichen auf dem Ausweis ergänzt – für Gehörlose mindestens das Merkzeichen Gl. Daran sind bestimmte Nachteils-Ausgleiche geknüpft.
Selbsthilfe-Gruppen für Gehörlose
Es gibt im Landkreis Anhalt-Bitterfeld zahlreiche Selbsthilfe-Gruppen zu vielen Themen, zu Erkrankungen und Beeinträchtigungen, aber noch keine zum Thema Gehörlose bzw. für Personen mit Hörbeeinträchtigungen und deren Angehörige.
Falls Sie selbst betroffen sind bzw. Angehöriger von Gehörlosen bzw. von Menschen mit Hör-Beeinträchtigung sind und eine Selbsthilfe-Gruppe gründen wollen, können Sie beim Örtlichen Teilhabe-Management Unterstützung bekommen.
*Vgl. „Gehörlos“ Von Annette Holtmeyer und Britta Schwanenberg“ unter:
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/behinderungen/gehoerlose_leben_in_der_stille/index.html (abgerufen am 15.08.2019)